Freezers geben „Aufschlag“ ab – 3:5 Sieg der Frankfurt Lions in Hamburg
Hamburg, 5. April
Spannung pur, die Luft knisterte in Hamburg und um die Color Line Arena herum war es zu spüren, das „Endspiel“ um den Einzug in die Finalrunde zog jeden in seinen Bann. Nur 19 Stunden vorher war die Eisfläche voll von Menschen, die einen sensationellen Auftritt von Eric Clapton bejubelten, dann starteten um 16.07 Uhr die Hamburg Freezers durch, so hofften es zumindest die 12.759 Zuschauer.
Doch weit gefehlt. Die Frankfurt Lions schnürten die Heimmannschaft in deren Verteidigungsdrittel ein und ließen überhaupt keinen Spielaufbau der Freezers zu. Zwangsläufig kam es dann in der 4. Minute zur Führung der Gäste. Einen Schlagschuss Bouchards, von der blauen Linie abgefeuert, fälschte der Hamburger Tomlinson unglücklich ab und es stand 0:1. Nun zogen sich die Lions in ihr Drittel zurück und ließen die Freezers kommen, um dabei geduldig auf eigene Konterchancen zu warten. Die Hamburger drückten gewaltig auf den Ausgleich, doch an diesem Nachmittag gelang den Freezers nicht viel. Vier Überzahlspiele ließen sie ungenutzt, zwei mal davon sogar mit fünf gegen drei, doch es kam nichts Zählbares dabei heraus. Wenn einmal ein Schuss auf das Frankfurter Tor kam, dann fanden die Freezers in Ian Gordon ihren Meister. Der Torwart der Lions hatte einen ganz großen Tag erwischt und hielt grandios. In der 18. Minute demonstrierten die Gäste, wie man ein doppeltes Überzahlspiel ausnutzt (Manning und Purdie saßen auf der Strafbank). Lebeau verwandelte ein Zuspiel des Ex-Freezers Spieler Belanger zum 0:2.
Das zweite Drittel begann mit einem Aufbäumen der Hamburger Fans. Stimmgewaltig versuchten sie, ihr angeschlagenes Team wieder auf Kurs zu bringen. Doch es half nichts. In der 29. Minute gelang Belanger sogar das 0:3. Die Heimmannschaft war geschockt, spielerisch lief überhaupt nichts zusammen und so war nur noch kämpfen angesagt. In der 35. Minute nutzten die Hamburger endlich einmal eines ihrer zahlreichen Überzahlspiele aus (Gosselin 2. Min.) und kamen durch Purdie zum 1:3 Anschlusstreffer. Nur drei Minuten später keimte wieder Hoffnung auf in der Color Line Arena. Smazal verkürzte auf 2:3, die Fans dankten es ihm mit einem Höllenlärm, die Halle brodelte fast über. Doch nur zwei Minuten hielt die Hoffnung auf das Erreichen der Finalrunde an, dann nutzte der Löwe Mike Harder eine Unaufmerksamkeit der Freezers zum 2:4. Dieser Treffer war die Entscheidung.
Das letzte Drittel sah verzweifelt kämpfende Hamburger, die allerdings durch eine Spieldauerdisziplinarstrafe von Washburn (er checkte Lebeau so brutal gegen die Bande, dass dieser benommen auf dem Eis liegen blieb) für fünf Minuten in Unterzahl gerieten. Die Frankfurt Lions verteidigten ihren zwei Tore Vorsprung und kamen auch in der letzten Minute nicht mehr aus dem Rhythmus, als die Hamburger mit sechs Feldspielern (Boris Rousson hatte das Eis verlassen) zum 3:4 durch Purdie verkürzten. In der letzten Sekunde des Spiel erzielte Gosselin mit einem Empty net Goal den Treffer zum 3:5 Endstand.
„Die Frankfurt Lions waren an diesem Nachmittag das bessere Team, wir haben heute einfach nicht zu unserem Spiel gefunden“, analysierte Mike Schmidt, Co-Trainer der Freezers und ergänzte: „Aber wir haben hier in Hamburg die besten Fans in ganz Deutschland!“
Ergebnis: 3:5 (0:2, 2:2, 1:1)
Tore: 0:1 03:56 F. Bouchard (J. Young, M. Harder) 0:2 17:36 P. Lebeau (J. Belanger, P. Stanton) 0:3 28:26 J. Belanger (J. Young, F. Bouchard) 1:3 34:11 B. Purdie (M. Greig, D. Van Impe) 2:3 37:21 H. Smazal (M. Greig, R. Francz) 2:4 39:15 M. Harder (D. Gosselin, J. Young) 3:4 59:41 B. Purdie (A. Schneider, S. Peacock) 3:5 59:59 D. Gosselin (J. Young)
Strafzeiten: Hamburg Freezers 15 + 20 Min. Washburn, Frankfurt Lions 24 Min. HS: Gerhard Lichtnecker Zuschauer: 12.759
Eishockey: Frankfurt gewinnt Halbfinale in Hamburg
Hamburg - Die Frankfurt Lions kämpfen in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) überraschend zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte um den Titel. Die Hessen gewannen im fünften Playoff-Halbfinale das entscheidende Spiel gegen die Hamburg Freezers 5:3 (2:0, 2:2, 1:1).
Damit treten die Lions, die die Hamburger nach Spielen 3:2 bezwangen, am 8. April in der ersten Finalbegegnung im Modus "Best of Five" gegen die Eisbären in Berlin-Hohenschönhausen an. Den Frankfurtern gelang in der Saison ein furioser Höhenflug: Im Vorjahr waren sie nur deshalb nicht abgestiegen, weil Schwenningen keine Lizenz erhalten hatte.
Zwei Tage nach dem hochdramatischen 7:5-Heimsieg der Lions im vierten Duell gegen die Freezers sahen die 12 759 Zuschauer in der zum 19. Mal in dieser Saison ausverkauften (davon das neunte Mal in Folge) Color Line Arena im ersten Drittel einen flotten Beginn beider Mannschaften. Die Gäste vom Main hatten jedoch den besseren Start: schon in der vierten Minute traf Verteidiger Francois Bouchard mit einem Schuss von der Blauen Linie mit seinem dritten Playoff-Treffer zum 0:1.
Fortan drückten die Hamburger auf das Tempo und wollten den Ausgleich erzwingen. Doch das Team von Trainer Dave King konnte das Powerplayspiel in drei Situationen, darunter eine 5:3-Überzahllage, nicht nutzen. Das machten die Lions dann besser. In der 18. Minute saßen bei den Hamburgern Brad Purdie und Paul Manning zusammen in der "Kühlbox", Patrick Lebeau nutze das Überzahlspiel mit seinem fünften Playoff-Treffer zur 2:0-Führung für die Hessen nach dem ersten Drittel. Das war ungewöhnlich angesichts der Tatsache, dass die Frankfurter bisher alle sechs Spiele in Hamburg deutlich verloren hatten.
Im zweiten Drittel spielten die Freezers weiter nervös und unkonzentriert. Offenkundig war nach dem schweren Match der Akku leer. In der 29. Minute erzielte ausgerechnet der frühere Hamburger Jesse Belanger mit seinem zweiten Playoff-Tor im Powerplay (erneut saß Purdie auf der Strafbank) das 3:0 für die Gäste. In der Arena herrschte Grabesstimmung - nur die 250 mitgereisten Frankfurter Fans feierten lautstark. Die Freezers wirkten wie paralysiert, auf dem Eis wollte so gut wie nichts gelingen.
Doch dann gelang des Freezers praktisch aus dem Nichts ein Tor: Brad Purdie traf in der 35. Minute im Powerplay zum 1:3. Es war der dritte Treffer des Stürmers in den Play Offs. Nur drei Minuten später schaffte Heiko Smazal in einem packenden Spiel den 2:3- Anschlusstreffer, der per Videobeweis gutgegeben wurde. In der 39. Minute gingen die Gäste durch Mike Harder wieder mit 4:2 in Führung. Im letzten Drittel machten erneut Perdie und Belanger noch je ein Tor - am Abstand änderte sich nichts mehr.
Der "Eis-Wahnsinn“ in Hamburg hat ein Ende: Die Hamburg Freezers unterlagen im letzten und entscheidenden fünften Play-off-Halbfinale mit 3:5 (0:2, 2:1, 1:1) gegen die Lions aus Frankfurt. Während die Hamburger das Finale nun am Fernseher verfolgen können, stehen die Hessen überraschend im DEL-Endspiel gegen die Eisbären Berlin. Dennoch zeigten sich die 12.759 Zuschauer in der erneut ausverkauften Color Line Arena nicht enttäuscht und feierten ihre Lieblinge minutenlang nach Spielende mit stehenden Ovationen. Die Stars um Andrew Schneider, Brad Purdie und Boris Rousson verneigten sich anschließend dankbar vor dem Freezers-Anhang.
Lions mit Blitzstart
Es schien so, als ob das packende Spiel vom Freitag bei den Hausherren seine Spuren hinterlassen hatte. Die Hamburger begannen ungewohnt nervös, immer wieder unterliefen den Puckjägern von der Elbe einfache Abspielfehler im Aufbau. Anders die Hessen, die sich von Beginn an mit einem körperbetonten Spiel mächtig Respekt bei den Gastgebern verschafften.
So musste Boris Rousson bereits in der vierten Minute das erste Mal hinter sich greifen. Francois Bouchards Schuss von der blauen Linie wurde abgefälscht und landete zum Entsetzen des Hamburger Keepers im Tor. "Dieser frühe Treffer war entscheidend, danach war es sehr hart für uns“, bilanzierte Chris Reynolds, Sportlicher Leiter der Freezers. "Wir haben aber nie aufgegeben und toll gekämpft."
King-Team ohne Fortune
Ausgerechnet der Ex-Hamburger Jesse Belanger sorgte mit seinem fünften (18.) und sechsten (29.) Play-off-Tor für eine beruhigende 3:0-Führung der "Löwen“. Aber die Schützlinge von Hamburgs Coach Dave King zeigten eine tolle Moral und kämpften sich durch Treffer von Brad Purdie (34.) und Mike Smazal (38.) wieder heran. In dieser Phase stand die Partie auf der Kippe. Während die "Eisschränke“ alles auf eine Karte setzten, zogen sich die Kufencracks von Trainer Rich Chernomaz in die Verteidigungszone zurück und versuchten, über Konter zum Erfolg zu kommen.
Bitter für die Hanseaten: 45 Sekunden vor dem Ende des zweiten Drittels erhöhten die Lions auf 4:2. Nach Zuspiel von Sebastian Klenner stand Mike Harder plötzlich frei vor Boris Rousson und ließ dem Keeper mit einer Körpertäuschung keine Chance. "Dieses Tor war der Schlüssel zum Erfolg“, so Chernomaz. Im letzten Drittel versuchten die Hausherren die Wende einzuleiten, scheiterten aber immer wieder am starken Lions-Goalie Ian Gordon. "Frankfurts Torwart hat sich heute toll gesteigert und den Sieg festgehalten“, erklärte ein sichtlich enttäuschter Dave King. Die Treffer von Freezers-Stürmer Purdie 19 Sekunden vor dem Ende und Belanger mit der Schlusssirene waren nur noch Ergebniskosmetik.
Frankfurter Eishockeyteam gewinnt entscheidendes Spiel in Hamburg und trifft am Donnerstag erstmals auf Berlin
Die Frankfurt Lions, in der vergangenen Saison noch sportlicher Absteiger, haben das fünfte und entscheidende Halbfinalspiel der Playoff-Runde bei den Hamburg Freezers gewonnen und sind ins Finale der Deutschen Eishockey-Liga eingezogen. Gegner ab Donnerstag sind die Eisbären Berlin: Hamburg Freezers - Frankfurt Lions 3:5 (0:2, 2:2, 1:1)
VON MATTHIAS KITTMANN (HAMBURG)
Hamburg · 4. April · Das Duell zwischen den Hamburg Freezers hatte von Beginn an die Massen mobilisiert. Dreimal ausverkauft in der Hamburger Color Line Arena mit jeweils mehr als 12 500, zweimal in Frankfurt mit je 7000. Als sich am Freitagabend durch den 7:5-Sieg der Lions entschied, dass es zu einem fünften Spiel kommen würde, brachen bei den Fans alle Dämme. In Frankfurt kam es im Kampf um die nur 300 von den Freezers zur Verfügung gestellten Karten zu tumultartigen Szenen, in Hamburg waren die 12 500 Karten am Samstagmorgen zwischen 7 und 9 Uhr weg. Manche hatten sich schon gegen Mitternacht angestellt. Das Fieber stieg stündlich wie sonst nur das Hochwasser in Hamburg.
Dann mussten die Fans auch noch sieben Minuten länger auf den Anpfiff warten, weil beim übertragenden Sender Premiere noch Formel 1 lief. Eine Wartezeit, nach der die Freezers wie schockgefroren wirkten. In der vierten Minute schlug es bei den Hamburgern zum ersten Mal wie der Blitz ein. Nach einem gewonnenen Bully durch Mike Harder passte Jason Young zur blauen Linie auf Francois Bouchard und dessen Schuss zog über die Fanghand von Boris Rousson. Die Freezers waren deutlich angeschlagen, selbst 5-3-Powerplays nach acht und 13 Minuten konnten sie nicht nutzen, Brad Purdie scheiterte vor dem leeren Tor an einer Blitzreaktion von Lions-Goalie Ian Gordon.
Anders die Lions. In der 18. Minute in 5-3-Überzahl spielten sie die Situation perfekt aus, bis Jesse Belanger den finalen Pass auf den freistehenden Pat Lebeau und ins Tor schieben konnte. Ein überraschendes, aber verdientes Zwischenergebnis, denn die Lions kamen in der Phase mit dem Druck besser klar als die verkrampften Gastgeber. Als dann auch noch ausgerechnet Ex-Freezer Jesse Belanger in der 29. Minute das 3:0 im Nachschuss für Frankfurt draufsetzte, schien die Partie schon entschieden.
Im Grenzbereich des Erlaubten
Aber es ist einen Binsenweisheit, dass im Eishockey Spiele binnen Minuten kippen können, ein einziges Tor für den Gegner reicht schon. Die beste Chance dazu besteht im Powerplay. So aggressiv und bissig, wie die Lions auftraten, operierten sie auch immer im Grenzbereich des Erlaubten. Nach 34 Minuten musste David Gosselin auf die Strafbank, die letzte Möglichkeit für die Freezers. Und irgendwie stocherte Brad Purdie den Puck über die Linie. Als Heiko Smazal drei Minuten später eine Frankfurter Verwirrung in der Abwehr nutzte, schien das Spiel auf den Kopf gestellt. Doch die Lions schlugen zurück. Ausgerechnet Mike Harder, zuvor häufig in der Kritik, traf mit seinem abgezockten Tor 45 Sekunden vor Ende des zweiten Drittels die Hamburger ins Mark. "Das entscheidende Tor", so Lions Trainer Rich Chernomaz, die Freezers waren abgetaut. Hamburgs Anschlusstreffer Sekunden vor dem Ende fiel schon in die Gesänge der 500 Lions-Fans, die ironisch das Freezers-Lied bei Gästestrafzeiten intonierten: "In Hamburg sagt man Tschühüss", um dann lautstark anzuschließen: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin". Die Spieler selbst schienen nach dem Abpfiff noch gar nicht begriffen zu haben, was sie gerade geleistet hatten: "Wir saßen still in der Kabine und haben uns nur groß angeguckt", so Verteidiger Sebastian Klenner. Dann ging es raus zur Ehrenrunde.
Hamburg · 4. April · kit · Sie wollten nur noch hüpfen, hüpfen, hüpfen. Wie kleine Kinder umringten die glücklichen Eishockey-Spieler der Lions nach ihrem grandiosen Finaleinzug gegen die Hamburg Freezers in der vollen Color Line Arena ihren Torhüter Ian Gordon und sprangen trotz Schlittschuhe wie Gummiflummis auf und ab. "Das Wunder von Frankfurt", seit Wochen auf Plakaten heraufbeschworen, hat Dimensionen erreicht, die auch die Akteure kaum für möglich hielten.
Kapitän Paul Stanton, der 36 Jahre alte Veteran der Lions - in unzähligen NHL-Schlachten gestählt und zweifacher Stanley-Cup-Sieger mit Pittsburg, strahlte wie ein Honigkuchenpferd und wirkte um zehn Jahre verjüngt. "Toll, Wahnsinn", stammelte er nur. Dagegen hatte Verteidiger Francois Bouchard, der nicht nur mit dem 1:0 nach vier Minuten den Grundstein für den Erfolg in Hamburg gelegt, sondern auch in der Abwehr Überragendes geleistet hatte - gleich zweimal fischte er einem einschussbereiten Hamburger den Puck vom Schläger -, Druckreifes zu Protokoll gegeben. Seine Erklärung für den Erfolg könnte vom Bundespräsidenten in einer Rede an die Deutschen eins zu eins übernommen werden: "Wer hart arbeitet, wird mit Erfolg belohnt." Ein virtuelles Stichwort für Lions-Besitzer Gerd Schröder, der auf die Frage nach den Prämien für die Spieler antwortete: "Es ist wie im normalen Arbeitsleben: Wer viel leistet, verdient auch viel." Der Immobilienhändler, wie die Spieler mit einem Playoff-Bart ausgestattet, hatte auf der Spielerbank mitgezittert.
Nach den vergangenen drei bitteren Jahren, als trotz zahlreicher Versuche der Erfolg nicht einkehren wollte und die Lions sich vor zwölf Monaten sogar als sportlicher Absteiger bis auf die Knochen blamierten, war ihm phasenweise nach Aufhören zumute gewesen. Alles vorbei und vergessen: "Die Saison heilt so manche Wunde. Phantastisch, was diese Mannschaft leistet." Selbst Rich Chernomaz, der besessene Arbeiter und Motivator, nahm sich eine kurze Auszeit zum Feiern. "An den Finalgegner Berlin denke ich ab morgen. Jetzt genieße ich den Augenblick."
Kein Durchkommen
Ticket-Hotlines laufen heiß, nachdem die Frankfurt Lions das fünfte Spiel im Playoff-Halbfinale erkämpft haben
Die Frankfurt Lions und die Hamburg Freezers haben den Playoffs um die deutsche Eishockey-Meisterschaft den bisherigen Höhepunkt beschert.
Frankfurt/Berlin · 4. April · dpa · Tore im Dutzend, Spannung bis in die letzte Minute, fantastische Atmosphäre - doch nach dem 7:5-Sieg der Hessen am Freitagabend blieb beiden Teams kaum Zeit, um ihren Adrenalinspiegel wieder auf ein normales Maß zu senken. Schon am gestrigen Sonntag kam es zum fünften und finalen Halbfinal-Spiel in Hamburg (war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet); der Sieger spielt von Gründonnerstag an in der Endspiel-Serie gegen die Eisbären Berlin um den Titel.
Nachfrage nach Tickets riesig
Bereits um sieben Uhr wurden am Samstag die ersten Eintrittskarten für die Color-Line-Arena verkauft, in die knapp 13 000 Fans hineinpassen. Die Nachfrage war riesig, auf den Ticket-Hotlines gab es schon am Morgen kaum ein Durchkommen mehr. Die Partie am Freitag hatte nicht nur Hamburger und Frankfurter Eishockey-Fans Appetit auf mehr gemacht haben. "Das war ein verrücktes, ein außergewöhnliches Playoff-Spiel", sagte Freezers-Geschäftsführer Boris Capla und lobte trotz der Niederlage: "Unsere Mannschaft hat Großes geleistet." Fünf Mal hatten die Hanseaten einen Rückstand aufgeholt, ehe Jason Young (58.) mit seinem dritten Treffer und der beste Playoff-Torschütze Dwayne Norris (60.) mit einem Schuss in das verlassene Hamburger Gehäuse für die Entscheidung sorgten.
"Mehr kann man vom Eishockey nicht verlangen. Ich bin sehr, sehr stolz auf mein Team", sagte Lions-Coach Rich Chernomaz. Sein Hamburger Kollege Dave King gab sich wie immer wortkarg, attestierte Frankfurt aber die bessere Leistung. Die Stimmung in der mit 7000 Fans ausverkauften Eissporthalle in Frankfurt war ausgelassen, obwohl jedem klar war, dass die Lions bis dahin alle sechs DEL-Spiele in Hamburg verloren hatten.
Hamburg (dpa) Die Frankfurt Lions kämpfen in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) überraschend zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte um den Titel. Die Hessen gewannen im fünften Playoff-Halbfinale das entscheidende Spiel gegen die Hamburg Freezers 5:3 (2:0, 2:2, 1:1).
Damit treten die Lions, die die Hamburger nach Spielen 3:2 bezwangen, am 8. April in der ersten Finalbegegnung im Modus «Best of Five» gegen die Eisbären in Berlin-Hohenschönhausen an. Den Frankfurtern gelang in der Saison ein furioser Höhenflug: Im Vorjahr waren sie nur deshalb nicht abgestiegen, weil Schwenningen keine Lizenz erhalten hatte.
Zwei Tage nach dem hochdramatischen 7:5-Heimsieg der Lions im vierten Duell gegen die Freezers sahen die 12 759 Zuschauer in der zum 19. Mal in dieser Saison ausverkauften (davon das neunte Mal in Folge) Color Line Arena im ersten Drittel einen flotten Beginn beider Mannschaften. Die Gäste vom Main hatten jedoch den besseren Start: schon in der vierten Minute traf Verteidiger Francois Bouchard mit einem Schuss von der Blauen Linie mit seinem dritten Playoff-Treffer zum 0:1.
Fortan drückten die Hamburger auf das Tempo und wollten den Ausgleich erzwingen. Doch das Team von Trainer Dave King konnte das Powerplayspiel in drei Situationen, darunter eine 5:3-Überzahllage, nicht nutzen. Das machten die Lions dann besser. In der 18. Minute saßen bei den Hamburgern Brad Purdie und Paul Manning zusammen in der «Kühlbox», Patrick Lebeau nutze das Überzahlspiel mit seinem fünften Playoff-Treffer zur 2:0-Führung für die Hessen nach dem ersten Drittel. Das war ungewöhnlich angesichts der Tatsache, dass die Frankfurter bisher alle sechs Spiele in Hamburg deutlich verloren hatten.
Im zweiten Drittel spielten die Freezers weiter nervös und unkonzentriert. Offenkundig war nach dem schweren Match der Akku leer. In der 29. Minute erzielte ausgerechnet der frühere Hamburger Jesse Belanger mit seinem zweiten Playoff-Tor im Powerplay (erneut saß Purdie auf der Strafbank) das 3:0 für die Gäste. In der Arena herrschte Grabesstimmung - nur die 250 mitgereisten Frankfurter Fans feierten lautstark. Die Freezers wirkten wie paralysiert, auf dem Eis wollte so gut wie nichts gelingen.
Doch dann gelang des Freezers praktisch aus dem Nichts ein Tor: Brad Purdie traf in der 35. Minute im Powerplay zum 1:3. Es war der dritte Treffer des Stürmers in den Play Offs. Nur drei Minuten später schaffte Heiko Smazal in einem packenden Spiel den 2:3- Anschlusstreffer, der per Videobeweis gutgegeben wurde. In der 39. Minute gingen die Gäste durch Mike Harder wieder mit 4:2 in Führung. Im letzten Drittel machten erneut Perdie und Belanger noch je ein Tor - am Abstand änderte sich nichts mehr.
Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin Finale! Das Eis-Wunder von Frankfurt
Von Manfred Schäfer
Jaaaaaaaaaa! Das Frankfurter Eishockey-Wunder hört nicht auf. Die Löwen haben die Hamburg Freezers (Kühlschränke) im fünften Play-off-Halbfinale abgetaut. Durch das 5:3 (2:0, 2:2, 1:1) stehen die Lions erstmals in ihrer Geschichte im Finale um die Deutsche Meisterschaft. Am Donnerstag geht’s in Berlin los.
Die Löwen hatten noch nie in Hamburg gewonnen. Deshalb feixte Trainer Rich Chernomaz gestern vorm Spiel: „Wir haben genug Gastgeschenke hier verteilt. Jetzt sind wir mal dran zu gewinnen.“
Die Lions begannen unglaublich konzentriert. Schon nach vier Minuten zappelte die Scheibe im Netz der Freezers. Bouchard hatte von der blauen Linie abgezogen, und Tomlinson fälschte unhaltbar ab.
Die Löwen leisteten danach sensationelle Abwehrarbeit – überstanden sogar 40 Sekunden mit zwei Mann weniger auf dem Eis. Als die Frankfurter dann selbst zwei in Überzahl waren, schob Lebeau zum 2:0 ein (18.)
In der 29. Minute schien das Match entschieden: Ausgerechnet Belanger, der bisher in den Play-offs versagt hatte, markierte das 3:0. Doch die Hamburger kamen zurück. Purdie (35.) und Smazal (38.) verkürzten auf 2:3. Zum Glück gelang Harder 45 Sekunden vor Drittelende das 4:2.
Unfassbar, mit welchem Kampfgeist die Löwen das Ding im Schlussdrittel verteidigten. Eine Minute vor Schluss skandierten 280 mitgereiste Fans: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ Aber ihnen stockte noch einmal der Atem, als Purdie 19 Sekunden vor Schluss das 3:4 gelang. Doch Belanger machte zwei Sekunden vor Schluss alles klar. Und dann ertrank alles in einem riesigen Jubelmeer.
Karten fürs Endspiel in Frankfurt (Samstag, 18.30 Uhr) gibt’s ab heute (10 Uhr) auf der Löwen-Geschäftsstelle, Hanauer Landstraße.
Unfeine Hanseaten
Lions und Freezers – eine Freundschaft wird da nie entstehen. Vorm fünften Play-off-Spiel gab’s schon wieder dicken Ärger. Grund: Die Hamburger verboten den Frankfurtern ihre Sportsachen bereits am Samstag in die Umkleidekabine zu bringen.
Lächerlich vor allem das Argument des Freezers-Geschäftsführers Boris Capla, der behauptete, das wäre wegen eines Wasserschadens nicht möglich. Als Betreuer Brad Harrison mit dem Laster vorfuhr wurde ihm gesagt, dass die Kabine trotz eines Konzertes von Eric Clapton frei sei.
Trotzdem durfte er nicht einräumen. Ein Mann des Ordnungsdienstes erklärte, Capla habe es verboten. Lions-Manager Lance Nethery: “Das kommentiere ich gar nicht erst.”
Zoff gab’s auch um die Karten für die Frankfurter Fans. Geschäftsführer Bernd Kress: „Die haben uns gerade mal 280 Tickets gegeben.“ Lächerlich, bei 1300 Plätzen in der Halle.
Eishockey: Die Freezers vergeben mit 3:5 auch ihren zweiten Matchball gegen die Lions und verpassen das DEL-Finale knapp.
Von Manfred Schäffer und Lutz Wagner
Hamburg - Am Ende flossen die Tränen, auf dem Eis und auf den Rängen. Der große Traum vom Einzug in die Finalserie der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), er ist geplatzt. Nach dem 3:5 (0:2, 2:2, 1:1) im fünften Halbfinalspiel gegen die Frankfurt Lions ist für die Hamburg Freezers die Saison früher beendet, als von vielen zu Recht erwartet. "Die Freezers und ihre Anhänger sollten dennoch nicht allzu traurig sein", zog Detlef Kornett, Europachef der Anschutzgruppe, ein erstes Fazit. "Die Mannschaft hat sich im Vergleich zum Vorjahr weiter gesteigert und sehr viel erreicht." Und schließlich müsse man sich ja noch etwas Steigerungspotenzial offenhalten. Dass dürfte für die eingeschworene Fangemeinde der Eisschränke in der mit 12 759 Zuschauern zum 19.-mal ausverkauften Color-Line-Arena nur ein schwacher Trost sein. Denn groß war die Zuversicht, dass ihre Lieblinge nach der denkwürdigen Eisschlacht am Freitagabend in Frankfurt (5:7 '2:3, 2:1,1:3') noch einmal zurückkommen könnten, um den zweiten Matchball auf dem heimischen "Planet Ice" im Volkspark zu verwandeln.
Schon vor dem ersten Bully schallten die "Freezers"-Schlachtrufe durchs weite Rund und ein Meer von Wunderkerzen illuminierte die Szenerie, auf dass die Herzen heiß werden und die Köpfe kühl bleiben mögen. Doch dann lief schon im ersten Drittel alles gründlich aus dem Ruder, als die Lions mit 2:0 in Führung gingen. Alle Psychotricks schienen bei ihnen Erfolg zu haben: Kabine und Hotel gewechselt, im neuen Bus angereist, vor der Partie gemeinsam gekickt - selbst die erklärten Fußballmuffel.
Als ausgerechnet Ex-Freezer Jesse Belanger Mitte des zweiten Drittels auch noch das 3:0 gelang, herrschte für einen Augenblick Totenstille in der sonst brodelnden Arena. Doch die Freezers-Fans fanden ihre Stimme rasch wieder. "Wir woll'n euch kämpfen sehen", forderten sie lautstark und wurden prompt erhört. "Jetzt gehts los", skandierten sie schon wieder obenauf, als Brad Purdie zum 1:3 traf. "Da hat die Mannschaft viel Charakter gezeigt", lobte Kapitän Andrew Schneider später.
Dass am Ende alles Hoffen und Bangen nichts nutzte, weil die Lions die Anschlusstreffer von Mike Smazal und erneut Purdie postwendend konterten, hat die Fangemeinde der Eisschränke aber keineswegs in tiefe Depression gestürzt.
Noch zweimal wurden die Freezers nach der Schlusssirene aufs Eis zurückgeholt, um ihnen für eine grandiose zweite Saison zu huldigen. Eishockey ist in Hamburg längst angekommen. Dem scheidenden Käptn Schneider ging das besonders nah. Mit einem dicken Klos im Hals nahm der nach Düsseldorf wechselnde Kanadier Abschied.
Aus dem anfänglichen Puck-Hype ist längst ein Kult geworden, der immer mehr Hamburger in seinen Bann zieht. Das beweisen auch die Zahlen neben dem Sport. So konnten die Sponsoring-Einnahmen um 112 Prozent gesteigert werden, der Zuschauerschnitt lag um mehr als 26 Prozent über dem des Vorjahres. Der Merchandising-Umsatz wurde um 30 Prozent gesteigert.
Dass der schillerndste Eispalast der Republik seine Wunderwirkung gestern nicht noch einmal voll entfalten konnte, wurde in Vorfreude auf das dritte Freezers-Jahr schnell verwunden. Schon heute um 15 Uhr trifft sich das Team in Farmsen zum Abschlussmeeting. Und der Saisonkehraus mit den Fans soll bereits am Donnerstag steigen.
Gut gebrüllt, Löwen! Nach dem 5:3 (2:0, 2:2, 1:1)-Erfolg im fünften Playoff-Halbfinale bei den favorisierten Hamburg Freezers feierten die Lions das "Wunder von Frankfurt", zogen erstmals in ihrer Vereinsgeschichte in die Finals der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ein und werfen nun den Top-Favoriten aus Berlin den Fehdehandschuh hin.
Kurios: Vor einem Jahr verloren die Hessen die DEL-Playdowns mit einer 3:4-Serie gegen Schwenningen und vermieden den Abstieg in die zweite Bundesliga nur durch den Lizenzentzug der hochverschuldeten Schwarzwälder. "Es ist wie ein Wunder, ein Traum. Vor der Saison war unser Ziel, das erste Spiel in Iserlohn zu gewinnen. Jetzt heißt das Ziel, wir wollen das letzte Spiel der Saison gewinnen", meinte Manager Lance Nethery euphorisch nach der 3:2-Serie gegen die Freezers. Nach dem Sieg in der ausverkauften Color Line Arena kannte der Jubel bei den Hessen keine Grenzen mehr, die Spieler feierten ausgelassen mit den 300 mitgereisten Fans. "Wir waren gegen Hamburg nur Außenseiter. Entscheidend war das gute Unterzahlspiel meiner Mannschaft - das war der feine Unterschied. Das 4:2 durch Mike Harder 45 Sekunden vor dem Ende des zweiten Drittels war die Entscheidung. Unsere Defensivabteilung war heute vom Feinsten", sagte Trainer und "Finalmacher" Rich Chermonaz (40), der schon die Kölner Haie im Frühjahr 2002 überraschend zur Meisterschaft geführt hatte. In der Tat hatten die Experten vor der Saison die Lions nicht auf der Rechnung.
Berlin, Hamburg, Mannheim und Köln waren die hochgehandelten Titel-Aspiranten, von diesem Quartett "überlebte" nur Vorrunden-Primus Berlin die Playoffs. Die Eisbären treffen nun ab Gründonnerstag (ab 19.30 Uhr LIVE) in der Serie "Best of 5" auf die Lions, die in dieser Saison wuchtige Offensiv-Qualitäten zelebrierten. Jesse Belanger (kam von den Freezers) und der nur 1,78 Meter große Partrick Lebeau spielten die gegnerischen Verteidigungsreihen zusammen mit Dwayne Norris (die Kölner Haie ließen ihn ziehen) schwindelig.
Während die Frankfurter Sturmreihen in den ersten beiden Halbfinalspielen in Hamburg (1:3 und 3:7) nicht zur Entfaltung kamen, waren sie am Sonntag der Schlüssel zum Erfolg. "Wir hatten die Frankfurter nach dem dritten Spiel in den Seilen. Aber dann haben wir wohl zu oft in der Zeitung gelesen, dass die Lions bei uns noch nie gewonnen hatten", seufzte Hamburgs Torhüter Boris Rousson. Im siebten Anlauf tauten die Lions die "Gefrierschränke" erstmals in der Hansestadt auf.
Gestärkt durch den Überraschungserfolg greifen die Lions auch Top-Favorit Berlin an: "Wir wollen nun auch den Titel. Wir waren gegen Köln und Hamburg nur Außenseiter. Das sind wir gegen Berlin auch. Aber man hat gesehen, dass wir mit unserem Lauf, wie ihn letztes Jahr Krefeld hatte, Unmögliches schaffen können", meinte Belanger.
Unterdessen herrschte bei den Freezers Katzenjammer: Die zum 19. Mal in dieser Saison ausverkaufte Arena versank von 18.24 Uhr an in ein einziges Tränenmeer. "Bei uns war der Akku leer. Fans und Merchandising war bei uns Klasse. Sportlich können wir letztlich nur von einer durchschnittlichen Saison sprechen", war Trainer Dave King sichtbar enttäuscht und verließ schon 39 Minuten nach dem Spiel frustriert die Arena.
King hat seinen auslaufenden Vertrag noch nicht verlängert. "Die Teilnahme am Halbfinale ist mehr, als wir erwartet hatten. Für die nächste Saison stehen die Zeichen positiv. Im ersten Jahr gab es für die Freezers das Viertelfinale, nun kommen sie 2005 eben in das Endspiel", sagte Detlef Kornett, der Europa-Chef der Anschutz Entertainment-Group (AEG), die 70 Prozent an den Freezers halten.
Spannung und Dramatik beim entscheidenden 5:3 in Hamburg / Im Finale gegen Favorit Berlin Lions schaffen das "Wunder von Frankfurt"
HAMBURG. Die Color-Line-Arena, in den vergangenen Wochen stets eine ausverkaufte Festhalle, leerte sich in Minutenschnelle. Bretterbuden, die voreilig zum Verkauf von Endspielkarten errichtet worden waren, wurden flugs von einigen helfenden Händen in sämtliche Einzelteile zerlegt. Die Fans der Freezers strebten in Massen zu den Ausgängen, nur wenige von ihnen wollten miterleben, wie die Spieler der Lions vor ihren Augen zur "La ola"-Welle ansetzten. Mit 5:3 Toren (2:0, 2:2, 1:1) hatten die Frankfurter am Sonntag um kurz vor halb sieben das entscheidende dritte Spiel in der Play-off-Halbfinalserie nach dem Modus "best of five" für sich entschieden und erstmals in der Vereinsgeschichte den Einzug ins Endspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL) geschafft. Eine Überraschung, die besonders oben unter der Kuppel des Hamburger Superdomes von einer 350 Mann starken hessischen Reisegruppe gefeiert wurde, die so lange hinter ihrem zwanzig Meter langen Plakat mit der Aufschrift "Das Wunder von Frankfurt" ausharrte und für Rabatz sorgte, bis sich die von ihnen bejubelten Akteure noch einmal naß geschwitzt und im Unterhemd kurz präsentierten: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin ...", sangen die Anhänger. Niemand widersprach ihnen.
"Kaum zu glauben, was heute geschehen ist", sagte auch Manager Lance Nethery mehr stammelnd denn flüssig formuliert in die Mikrofone, "vor zwölf Monaten hätte ich nicht einmal gewagt, von solch einem Moment zu träumen.". So schnell ändern sich aber im Profisport die Zeiten. Der sportliche Absteiger von 2003 kämpft von diesem Gründonnerstag an in abermals maximal fünf Duellen mit den Eisbären um den DEL-Titel. "Ein Festtag für die Lions", befand Nethery, während Trainer Rich Chernomaz davon sprach, daß es sich ausgezahlt habe, daß "wir mit Mut an die Sache herangegangen sind und nicht mit übertriebenem Respekt vor dem Gegner".
Es war ein Finale um den Finaleinzug, das an Spannung und Dramatik nur schwer zu überbieten war. Die Tore für die Lions schossen Francois Bouchard (4.Minute), Patrick Lebeau (18.), Jesse Belanger (29,), Mike Harder (40.) und David Gosselin (60.). Für den Favoriten, in dessen Stadion die Löwen noch nie in den vorangegangenen zwei Jahren gewinnen konnten, trafen Brad Purdie (35. und 60.) sowie Heiko Smazal (38.).
"Mucksmäuschenstill" sei es zunächst in der Kabine gewesen, ehe sich die Anspannung gelöst habe, berichtete später Verteidiger Sebastian Kienner: "Wir mußten es erst ganz langsam realisieren." Als die Cracks geduscht zu ihren Umkleideplätzen zurückkamen, stand für jeden, der wollte, eine kühle Bierflasche und ein kleiner Imbiß parat; beides hatte Zeugwart Brad Harrison auf die Schnelle organisiert. Das nötige Kleingeld dazu wurde ihm von Klubeigentümer Gerd Schröder zugesteckt, der wieder die sechzig Minuten auf der Auswechselbank miterlebte und nach dem Schlußpfiff sofort in die Kabine eilte, "um jedem für seine Leistung zu danken", wie er sagte. Er, der in acht Jahren seines Engagements mehr dunkle als sonnige Momente mit seinem Verein erlebt und viel Geld verloren hat, ließ sich erstmals so etwas wie Freude anmerken, nachdem er zuletzt meist mit starrer Miene die Endrundenpartien verfolgt hatte. "Schön, daß sich unsere Arbeit endlich auszahlt", sagte Schröder - und ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
Weil Eishockeyprofis in den Play-offs noch eine Spur abergläubischer sind als gewöhnlich, hatten die Frankfurter vor dem ersten Bully zur besten Sonntagskaffeezeit in ihrer Vorbereitung beinahe alles geändert, was zuvor galt: Sie waren mit einem Bus und nicht per Bahn angereist, nächtigten in einem anderen Hotel und wählten vor Ort in den Katakomben der Color-Line-Arena einen neuen Raum, um sich umzuziehen. Der Aufwand lohnte sich. "Wir haben sofort gemerkt, was möglich ist, wenn wir alle in jedem Zweikampf hart arbeiten", gab der Kanadier Bouchard zur Protokoll, der mit seinem frühen Treffer die Freezers erschütterte. "Wenn wir so weitermachen, muß uns vor Berlin überhaupt nicht bange sein."
Hamburg (fnp) Die Überraschung ist perfekt. Fast genau ein Jahr nach dem nur am "Grünen Tisch" verhinderten sportlichen Abstieg aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) stehen die Frankfurt Lions erstmals in ihrer Vereinsgeschichte im Finale. Die Hessen gewannen gestern im fünften Playoff-Halbfinale das entscheidende Spiel bei den favorisierten Hamburg Freezers mit 5:3 (2:0, 2:2, 1:1) und treffen nun am Donnerstag in der ersten Finalbegegnung im Modus "Best of Five" auf den Vorrunden-Ersten und Top-Favoriten Eisbären Berlin. Die zweite Finalpartie steigt am Ostersamstag in der Frankfurter Eissporthalle.
Vor 12 759 Fans in der Color-Line-Arena nahmen die Lions späte Revanche für das Playoff-Aus vor fünf Jahren gegen die München Barons, die später als "Legionärstruppe" von US-Milliardär Anschütz nach Hamburg umzogen. "Das ist wirklich ein Traum, egal, wie das Finale ausgeht. Vor einem Jahr standen wir noch am sportlichen Abgrund und derzeit wird alles fast zum Selbstläufer", strahlte Manager Lance Nethery nach der mit 3:2-Siegen abgeschlossenen spannenden Halbfinalserie. Hamburgs Co-Trainer Mike Schmidt gab sich als fairer Verlierer: "Das ist für uns trotz einer tollen Saison ein bitterer Tag. Aber Frankfurt hatte das bessere Überzahlspiel und mehr Nervenstärke gezeigt."
Vor dem Match hatte der Aberglaube Einzug bei den Lions gehalten. Nachdem man zuvor sämtliche sechs Spiele in der DEL-Vereinsgeschichte an der Elbe verloren hatte, fuhr man mit einem neuen Bus in den hohen Norden und übernachtete in einem anderen Hotel. Außerdem wurde die Kabine gewechselt. Prompt traf nach nur vier Minuten der später zum "Spieler des Tages" gewählte Francoise Bouchard zur psychologisch wichtigen 1:0-Führung. Sein Schlagschuss wurde leicht abgefälscht, war unhaltbar für Hamburgs Keeper Rousson. Kurz vor Ende des Eröffnungsdrittels, als zwei Hamburger auf der Strafbank saßen, traf Pat Lebeau mit seinem fünften Playoff-Treffer zum 2:0.
Im Mittelabschnitt legte Jesse Belanger seine Playoff-Ladehemmungen ab und erhöhte in Überzahl auf 3:0. Purdie (35.) und Smazal (37.) ließen mit ihrem Doppelschlag zum 2:3 die ausverkaufte Eisarena zum Hexenkessel werden. Doch der Konter zum 2:4 durch Mike Harder sorgte für die Entscheidung. Zwei Minuten vor Schluss nahm Hamburg seinen Torwart für einen sechsten Feldspieler vom Eis, was 19 Sekunden vor Ende durch Purdie das 3:4 einbrachte. Den Schlusspunkt setzte Belanger mit seinem Schuss ins leere Freezers-Gehäuse. (el)
Neuss/Hamburg (rpo). Die Hamburg Freezers hatten den Frankfurt Lions nur den kleinen Finger gereicht. Doch die Löwen waren gefräßig und nahmen gleich die ganze Hand. Nach dem überraschenden 5:3-Erfolg im entscheidenden fünften Playoff-Halbfinalspiel bei den Hanseaten trauen sich die Hessen nun auch den ganz großen Wurf zu. "Wir wollen Meister werden", sagte Stürmer Jesse Belanger nach dem Einzug in die Finalspiele, dem größten Erfolg in der Frankfurter Vereinsgeschichte.
Dabei hat der Kanadier den letztjährigen Titelträger Krefeld Pinguine als Vorbild vor den Augen. "Krefeld hat letztes Jahr gezeigt, dass man mit einem Lauf das Unmögliche schaffen kann. Das wollen wir jetzt auch", sagte der 34-Jährige. Die Parallelen sind in der Tat nicht zu übersehen: Vor Jahresfrist stürmten die Rheinländer vom sechsten Vorrundenplatz zum Titel und schalteten dabei die Favoriten Eisbären Berlin und Kölner Haie aus.
Frankfurt warf als Vorrundenfünfter schon Köln aus dem Rennen und trifft ab Donnerstag (19.30 Uhr) im Finale auf den Topfavoriten Berlin. "Wir sind Außenseiter, aber das waren wir gegen Köln und Hamburg auch", stellte Belanger fest.
Vom eigentlichen Absteiger zum Meister
Dass die "Löwen" überhaupt zum ersten Mal die Finalserie erreicht haben, ist eine der ungewöhnlichsten Geschichten in der zehnjährigen Historie der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Im vergangenen Jahr sportlich noch abgestiegen und nur wegen des Ausstiegs der Schwenninger Wild Wings in der Liga geblieben, legten die Hessen in ihrem 17. Erstliga-Jahr ihre beste Saison hin und greifen nun nach den Sternen.
"Es ist ein Wunder, ein Traum", meinte Manager Lance Nethery, mit Adler Mannheim dreimal in Folge deutscher Meister, überglücklich und blickte sieben Monate zurück: "Vor der Saison war unser Ziel, das erste Spiel in Iserlohn zu gewinnen. Jetzt heißt das Ziel, das letzte Spiel der Saison zu gewinnen."
Den Finaleinzug perfekt machten die Lions ausgerechnet in Hamburg, wo sie zuvor noch nie gewonnen hatten. Deshalb machten sie vor dem Halbfinal-Showdown in der ColorLine Arena alles anders als bei den sechs Gastspielen zuvor: Statt mit dem Zug reisten sie mit einem neuen Mannschaftsbus an, sie wohnten in einem anderen Hotel, und Trainer Rich Chernomaz trug einen hellen, nicht den üblichen dunklen Anzug. "Der Aberglaube hat geholfen", behauptete Nethery, der nach Niederlagen immer seine Krawatten zerschneidet.
Intakt blieb der feine Zwirn seines Hamburger Kollegen Dave King trotz des unerwarteten Saisonendes der Freezers. Seine Enttäuschung konnte der Kanadier allerdings nicht verbergen. "Fans und Merchandising waren bei uns klasse, aber sportlich können wir nur von einer durchschnittlichen Saison sprechen", sagte der frühere kanadische Nationalcoach.