Hamburg, 5. April
Lance Nethery konnte gar nicht glauben, was soeben geschehen war. "Es ist ein Wunder, ein Traum", meinte der Manager der Frankfurt Lions nach dem 5:3-Sieg im fünften Playoff-Halbfinale bei den Hamburg Freezers. Doch, es ist Realität: Der Außenseiter steht im Finale. Der Klub, der vor einem Jahr eigentlich sportlich abgestiegen war, spielt um den deutschen Meistertitel. "Vor der Saison war unser Ziel, das erste Spiel in Iserlohn zu gewinnen", so Nethery. "Jetzt heißt das Ziel, das letzte Spiel der Saison zu gewinnen."
Mit dem erstmaligen Finaleinzug soll die unglaubliche Geschichte noch nicht zu Ende sein - jetzt soll auch der Titel her. "Wir wollen Meister werden", sagte Stürmer Jesse Belanger unmissverständlich. Dabei hat der Kanadier den letztjährigen Titelträger Krefeld Pinguine als Vorbild vor den Augen. "Krefeld hat letztes Jahr gezeigt, dass man mit einem Lauf das Unmögliche schaffen kann. Das wollen wir jetzt auch", sagte der 34-Jährige. Die Parallelen sind in der Tat nicht zu übersehen: Vor Jahresfrist stürmten die Rheinländer vom sechsten Vorrundenplatz zum Titel und schalteten dabei die Favoriten Eisbären Berlin und Kölner Haie aus. Frankfurt warf als Vorrundenfünfter schon Köln aus dem Rennen und trifft ab Donnerstag im Finale auf den Topfavoriten Berlin. "Wir sind Außenseiter, aber das waren wir gegen Köln und Hamburg auch", stellte Belanger fest.
Den Finaleinzug perfekt machten die Lions ausgerechnet in Hamburg, wo sie zuvor noch nie gewonnen hatten. Deshalb machten sie vor dem Halbfinal-Showdown in der ColorLine Arena alles anders als bei den sechs Gastspielen zuvor: Statt mit dem Zug reisten sie mit einem neuen Mannschaftsbus an, sie wohnten in einem anderen Hotel, und Trainer Rich Chernomaz trug einen hellen, nicht den üblichen dunklen Anzug. "Der Aberglaube hat geholfen", behauptete Nethery, der nach Niederlagen immer seine Krawatten zerschneidet.
Intakt blieb der feine Zwirn seines Hamburger Kollegen Dave King trotz des unerwarteten Saisonendes der Freezers. Seine Enttäuschung konnte der Kanadier allerdings nicht verbergen. "Fans und Merchandising waren bei uns klasse, aber sportlich können wir nur von einer durchschnittlichen Saison sprechen", sagte der frühere kanadische Nationalcoach, der tags drauf seinen Vertrag mit den Freezers bis 2006 verlängerte. Das angestrebte "Familientreffen" im Finale bleibt somit aus. Die Eisbären, wie Hamburg zum Firmenimperium des US-Milliardärs Philip F. Anschutz gehörend, haben die "Betriebsmeisterschaft" schon vorzeitig gewonnen. Dennoch sind die US-Bosse mit der Hamburger Filiale zufrieden. "Die Teilnahme am Halbfinale war mehr, als wir erwartet hatten", erklärte Anschutz´ Europa-Manager Detlef Kornett: "Für die nächste Saison stehen die Zeichen positiv: Die Freezers waren im ersten Jahr im Viertelfinale, jetzt im Halbfinale, dann kommen sie eben 2005 ins Endspiel." (TL)
~*Jazzy*~

